Bernrieder Kraftwerk

geplant

Der Kraftwerksstandort hat sich geändert und liegt in 2013 am Auweiher

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2009 geplanter Standort des Kraftwerks!

Wie viele von Euch auf Grund unserer Informationsveranstaltungen wissen, plant die Gemeinde Bernried in unserer Nachbarschaft ein Geothermiekraftwerk zu bauen. 
Leider wurde von der Betreibergesellschaft BE Geothermal GmbH bisher wenig öffentlich über die geplanten Aktivitäten informiert. Wir sind der Meinung dass die wenigen bisher verfügbaren Mitteilungen über die geplanten Anlagen nicht ausreichend sind. Daher möchten wir unsere gesammelten Informationen zu Geothermie im Allgemeinen sowie zum Bernrieder Projekt mit Euch teilen.
In dem „Gemeinde-Info“ der Gemeinde Wielenbach (erstes Halbjahr 2009) war zu lesen dass zwischen Haunshofen und Kampberg Geothermie Bohrungen stattfinden sollen:
„Die BE Geothermal GmbH plant im Erlaubnisfeld Bernried die Errichtung eines Hydrothermalen Geothermie-Heizkraftwerkes … die Hauptkunden der Fernwärme sind die Klinik Höhenried und die Gemeinde Bernried. …Das im Kraftwerk abgekühlte Thermal Wasser wird nach Austritt… in einer Tiefe von ca. 4.300 m wieder in der Untergrund geleitet. Die Bohrungen werden an zwei Bohrplätzen mit einer Entfernung von ca. 1500 m durchgeführt. Bohrung 3 und 4 ist zwischen Haunshofen und Kampberg vorgesehen“.

1. Was ist Geothermie?
„Geothermie ist Wärme, die vom heißen Erdinneren an die Erdoberfläche dringt. Dabei werden sowohl die auf dem Weg nach oben liegenden Gesteins- und Erdschichten als auch unterirdischen Wasserreservoirs erhitzt. An manchen Stellen dringen auch heißes Wasser und Dampf als heiße Quelle oder Geysir bis an die Erdoberfläche.“ (3).

2. Welche Arten von Geothermie Nutzung gibt es?
Grundsätzlich wird zwischen oberflächennaher und tiefer Geothermie Nutzung unterschieden. Die bei Haunshofen geplante Anlage würde mehrere Tiefbohrungen bis zu 5000m voraussetzen und zählt daher zur Tiefengeothermie.
BE Geothermal GmbH beschreibt Ihr Vorhaben wie folgt: „Durch zwei Tiefbohrungen werden für das Kraftwerk zwei Tiefbrunnen errichtet. Die Bohrungen dürften eine vertikale Tiefe von etwa 4.900m erreichen. Eine Pumpe bringt Thermalwasser in das Kraftwerk, dort wird ein sekundäres Arbeitsmedium, z.B. das niedrig siedende Pentan erhitzt. Der entstehende Dampfdruck treibt die Turbine und den damit verbundenen Generator, der Strom erzeugt. Nach der Turbine steht noch genügend Wärmeenergie für eine Fernwärme-Versorgung von Gewerbeansiedlungen und umliegenden Gemeinden zur Verfügung. Auf etwa 60°C abgekühlt wird das Thermalwasser durch eine dritte und vierte Tiefbohrung wieder in den Untergrund geleitet.“ (4).

3. Wo wird die Geothermie derzeit angewandt?
Besonders effizient lässt sich Energie aus Geothermie an Orten gewinnen an denen sehr hohe Temperaturen im oberflächennahem Bereich vorkommen, was nur geringe Bohrtiefen erfordert. Dies ist z.B. in Island, im Westen der USA oder in Italien der Fall.
In unserer Region muss unter hohem Aufwand sehr tief gebohrt werden, bis man auf nutzbare Gesteins- und Wassertemperaturen trifft. Wegen der hohen Kosten für Tiefbohrungen war die Geothermie in Deutschland bis vor kurzem nicht kommerziell attraktiv. Daher wird diese Technologie bei uns erst seit kurzem untersucht und angewandt. Die erste geothermische Stromerzeugungsanlage in Deutschland ging vor 5 Jahren in Betrieb (5).

4. Ist Geothermie eine erneuerbare Energiequelle?
Die tiefe Geothermie ist keine unerschöpfliche Energiequelle. Sie kommt irgendwann zum Erliegen, weil es mit dem Austrag der Wärme in der Tiefe kälter wird (8). Die in unserer Region derzeit geplanten Geothermie-Anlagen entnehmen dem unterirdischen Speicher im alpinen Molasse Becken mehr Wärme, als in der Umgebung der Bohrungen nachgeliefert wird. Die Wärme wird daher abgebaut. Das bedeutet dass die Temperatur des Thermalwassers während des Kraftwerkbetriebs kontinuierlich abnimmt und die Nutzungsdauer begrenzt ist (9).
BE Geothermal GmbH hat mit einer Computersimulation in 2007 eine Kraftwerksnutzungsdauer von 50 Jahren vorhergesagt. Neuere Veröffentlichungen sprechen aber von einem deutlich schnelleren Rückgang der Temperatur des geförderten Tiefenwassers. Die Erfahrungswerte von bereits in Betrieb befindlichen Geothermie Anlagen zeigen einen starken Rückgang der Temperatur des geförderten Wassers mit einem voraussichtlichen Ende der Nutzbarkeit nach 20-30 Jahren (10).
Da die staatliche Förderung der Geothermie derzeit auf  20 Jahre festgeschrieben ist, könnte die Anlage in diesem Zeitraum für die Investoren dennoch finanziell amortisiert werden (11). Der Wunsch der Investoren nach schneller finanzieller Amortisation führt aber dazu dass mehr Thermalwasser zur Nutzung entnommen wird, als dies bei einer nachhaltigen Nutzung der Geothermie möglich wäre.

5. Risiken der Geothermie
Die bei Haunshofen und Kampberg geplanten Bohrungen sind Tiefbohrungen bis zu 5000m. Bislang wurde in Deutschland nur für Forschungszwecke tiefere Bohrungen erstellt (12). Die kommerzielle Nutzung der tiefen Geothermie ist eine noch sehr junge Technologie weshalb noch kaum Langzeit-Erfahrungen vorliegen.
Bei allen Geothermiebohrungen sind in der näheren Umgebung Erdstösse messbar. Diese können die Stärke von kleinen Erdbeben erreichen. In der Schweiz wurden nach Tiefengeothermiebohrungen Gebäudeschäden festgestellt. Eine ähnliche Situation ist in Staufen im Breisgau entstanden. In beiden Fällen laufen Jahre später noch gerichtliche Verfahren da es schwierig ist einen Zusammenhang zwischen den Geothermiebohrungen und den Gebäudeschäden nachzuweisen (13, 14, 15). Natürlich will keiner für die Gebäudeschäden aufkommen und die Beweispflicht für den Zusammenhang zwischen der Geothermie und den Schäden liegt bei den Geschädigten. Auch spätere großflächige Senkungen des Untergrunds sind möglich. In Waitakei, Neuseeland senkte sich der Untergrund nach einigen Jahren um 15 Meter (16).
Bei der Bohrung in tiefe Erdschichten können schädliche und giftige Gase wie Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und Methan freigesetzt werden. Darüber hinaus können im Thermalwasser weitere giftige Stoffe wie Arsen, Quecksilber and Blei gelöst sein (17). Diese Schadstoffe können das Erdreich neben den Bohrstellen verseuchen (18).

6. Beeinträchtigungen durch Geothermie für Anwohner 
Von den Bohrstellen mit den bis 80m hohen Bohrtürmen würde eine monatelange Lärmbelästigung für unser Dorf ausgehen. Der Bohrlärm kann mehr als 110 dB erreichen (Ein Strahlflugzeug in 30m Abstand erzeugt 120-130 dB) (18). Der mit den Bohrungen einhergehende Baustellenverkehr würde zusätzlichen Lärm und Schadstoffemissionen sowie Verkehrsprobleme mit sich bringen.
Da es keineswegs sicher ist dass die erste Bohrung auf ein nutzbares Wasserreservoir trifft, könnten mitunter mehrere Bohrungen erstellt werden.
Das geplante Kraftwerk soll inmitten eines Waldgebietes ohne bestehende Infrastruktur gebaut werden. Neben einem Kraftwerksgebäude im Landschaftsschutzgebiet nahe des Gallaweihers müssten dorthin auch Zufahrstrassen gebaut werden, welche später auch entsprechend befahren werden würden.
Außerdem müssten Pipelines für das Fernwärmenetz sowie die Abwasserbeseitigung zu den Reinjektionsbohrungen durch das bewaldete Landschaftsschutzgebiet verlegt werden.
Der Erholungswert des Landschaftsschutzgebietes für Spaziergänger, Reiter oder Radfahrer sowie der Lebensraum zahlreicher Wildtiere wären dadurch beeinträchtigt.

7. Wer profitiert von diesem Geothermieprojekt?
Die Nutzer der Fernwärme soll die Klinik Höhenried, als größter Abnehmer, sowie das Buchheim Museum sein. Weitere Nutzer der Fernwärme soll die Gemeinde Bernried werden.
Von den finanziellen Gewinnen aus der Geothermieanlage wird das Unternehmen BE Geothermal GmbH profitieren. Ein Grossteil der wirtschaftlichen Gewinne käme alleine durch die staatlichen Förderungen nach dem EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) zustande. Da die staatliche Förderung auf  20 Jahre festgeschrieben ist, macht es aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn die Wärmeenergie während der ersten 20 Jahre möglichst schnell abzubauen.
Drei viertel (¾) der Kosten beim Bau einer Geothermieanlage, entfallen auf die Bohrungen. Die verwendete Bohrtechnik wurde von der Erdöl und Erdgasindustrie entwickelt. Die Firmen die mit den Bohrungen beauftragt werden waren bislang in der Förderung von fossilen Brennstoffen tätig.
Die Bewohner von Haunshofen und Kampberg hätten keinen Nutzen von den Bernrieder Geothermieplänen. Jedoch hätten wir die größten Risiken und Beeinträchtigungen zu tragen.

8. Was können wir als Anwohner tun?
Unsere Häuser verfügen über keine erdbebensichere Bauweise und könnten bei Erdstössen oder allmählichen Bewegungen im Untergrund substantiellen Schaden erleiden. Wir müssen sicherstellen dass die 2007 gegründete Betreiberfirma BE Geothermal GmbH eine ausreichende Versicherungsdeckung für alle Häuser im Wirkungsbereich der Bohrungen hat. Das Unternehmen ist eine Kapitalgesellschaft der Rechtsform GmbH, im Falle einer Insolvenz würde das Firmakapital nicht ausreichen um großflächige Gebäudeschäden abzudecken.
Wenn wir Erneubare Energien nutzen wollen, sollten wir andere Optionen betrachten zu denen schon langjährige Erfahrungen vorliegen, wie z.B. Biogas, Biomasse oder Fotovoltaik. Das Fehlen von Langzeit Erfahrungen mit Tiefengeothermie in Deutschland machen Haunshofen und Kampberg zu einem Versuchskaninchen.

9. Referenzen
1. BE Geothermal. http://www.begeothermal.com/index.php?option=com_content&view=article&id=26:vorentscheidung-fuer-standort&catid=5:aktuelles (März 2009).
2. „Gemeinde-Info“ der Gemeinde Wielenbach (erstes Halbjahr 2009).
3. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. 2002. Erneuerbare Energien und nachhaltige Entwicklung: Natürliche Ressourcen Umweltgerecht Energieversorgung.
4. BE Geothermal. http://www.begeothermal.com/de/projekt-bernried/uebersicht/12-geothermie-am-starnberger-see
5. http://de.wikipedia.org/wiki/Geothermie
6. Quelle Wikipedia http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Geothermie.jpg&filetimestamp=20080316004707)
7. Quelle Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Geothermale_Energie_in_Island.
8. R.Jung, Stand und Aussichten der Tiefengeothermie in Deutschland, Erdöl, Erdgas , Kohle 123.Jg. 2007, Heft 2, S.1 ff.
9. Stadtwerke München GmbH Energiegewinnung der Zukunft: Geothermie-Anlage für die Messestadt Riem.
10. Sanyal, S.K., S.J. Butler, 2005. „An analysis of Power Generation Prospects from Enhanced Geothermal Systems“. Proceedings World Geothermal Congress 2005 (CD-ROM).
11. http://de.wikipedia.org/wiki/Erneuerbare-Energien-Gesetz#Geothermie
12. http://de.wikipedia.org/wiki/Geothermie#Situation_in_Deutschland
13. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,589944,00.html
14. http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,459945,00.html
15. http://de.wikinews.org/wiki/Basel:_Erdw%C3%A4rme-Projekt_l%C3%B6st_erneut_Erdbeben_aus
16. Lund, John W. (June 2007), “Characteristics, Development and utilization of geothermal resources”, Geo-Heat Centre Quarterly Bulletin (Klamath Falls, Oregon: Oregon Institute of Technology) 28 (2): pp 1-9, ISSN 0276-1084, http://geoheat.oit.edu/bulletin/bull28-2/art1.pdf, retrieved 2009-04-16.
17. Kristamnnsdóttir, H., Ármannsson, H. Environmental aspects of geothermal energy utilization. Geothermics 32(2003)451-461.
18. DiPippo, R. Geothermal Energy: Electricity Generation and environmental impact. Energy Policy Oktober 1991.