Bund Naturschutz – Pressemitteilung

Bund Naturschutz - Pressemitteilung

Pressemitteilung 15.05.2010

Tiefenwärme zur Wärmegewinnung nutzen!
BN bei derzeitiger Informationslage
gegen Stromerzeugung aus Tiefengeothermie

Jeder regenerativen Energiegewinnung, die uns weg von Erdöl und Erdgas bringt, steht der Bund Naturschutz (BN) positiv gegenüber.

In Bernried ist ein Kraftwerk geplant, dem die Tiefenwärme vorrangig zur Stromproduktion dienen soll. Eine Stromproduktion aus Wärme mittels Kalina- oder ORC-Verfahren hat einen Wirkungsgrad von maximal 10-15 %, der Eigenstromverbrauch des Kraftwerkes liegt bei rund 30%. Damit ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von weniger als 10%, die restliche Energie wird bei der Stromerzeugung über Kühlaggregate in die Umwelt abgegeben. Strom ist bei uns wesentlich effektiver über Photovoltaikanlagen und Kraft-Wärmekopplung zu gewinnen, die zudem dezentral von vielen Menschen wirtschaftlich betrieben werden können.

Zum Betrieb des geplanten 10,5 Megawatt-Kraftwerkes in Bernried sind rund 900 m³ des heißen Tiefenwassers pro Stunde erforderlich. Das sind 15 m³ pro Minute, also alle 8 Sekunden eine Badewanne voll. Nach bisherigen Berechnungen und Erfahrungen ist davon auszugehen, dass die Wärmeenergie im Untergrund nach wenigen Jahrzehnten erschöpft ist, die wunderbare Vorstellung unendlicher Tiefenwärme also eine Mär sein dürfte. Stromgewinnung aus Tiefengeothermie ist unter den gegebenen Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nachhaltig und wird deshalb vom Bund Naturschutz abgelehnt.

Nach der Stromerzeugung hat das Tiefenwasser noch eine Temperatur von ca. 55 °C; für normale Heizungen in Häusern via Fernwärme mit Vorlauftemperaturen von
90-100 °C zu wenig. Die Heizleistung für die Fernwärme muss deshalb erneut und zusätzlich aus dem heißen Tiefenwasser oder anderen Kraftwerken gewonnen werden.

Würde man auf die Stromproduktion verzichten und das heiße Tiefenwasser direkt zur Fernwärme verwenden, könnte die Fördermenge auf unter 5 % der jetzt geplanten Menge reduziert werden. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Wärmemenge im Untergrund tatsächlich langanhaltend über Jahrhunderte genutzt werden kann.
Auf der anderen Seite verringert sich dabei das Risiko von Schaderdbeben, weil wesentlich geringere Mengen abgekühlten Tiefenwassers zurückgepresst werden müssen. Zudem wäre es eventuell möglich – laute Kühlventilatoren wären nicht notwendig – den Standort der Förderanlage wohnortnah und damit energieeffizienter zu legen. Lange Förderwege sind bei „Fernwärme“ nicht lohnenswert. Damit wäre ein Standort mitten im Landschaftsschutzgebiet nicht nötig, das für großtechnische Anlagen eigentlich Tabu sein sollte.

Die Thematik Strom aus Tiefengeothermie ist Neuland. Das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) legt die Höhe der Vergütung für Strom aus Geothermie fest und erhöht die Vergütung, wenn auch Wärme genutzt wird. Würde im EEG die Bereitstellung von Tiefenwärme und nicht die Stromproduktion daraus gefördert, würde Tiefengeothermie nachhaltig nutzbar und sich auch rechnen.

Es ist erfreulich, dass die Betreiberfirma BE-Geothermal in ihrem eigenen Forderungskatalog vom 6.5.2010 nun nach langem Zögern die vielen unbeantworteten Fragen klären möchte. Dennoch fordert der Bund Naturschutz bis zur Klärung der grundsätzlichen Fragen zur Nachhaltigkeit und Eignung des Kraftwerk- sowie des Reinjektion- Standortes aufgrund der notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung sowie artenschutzrechtlicher Prüfung eine Aussetzung der Planungen.

Helmut Hermann und Barbara Zach
Bund Naturschutz, Kreisgruppe WM-SOG

Die Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010 schreibt:
BN gegen Strom aus Geothermie
Naturschützer: Planung in Bernried vorerst stoppen