Bürger äußern noch große Vorbehalte Einvernehmen für Bauantrag lässt Stadt kaum Spielraum – Landratsamt hat das letzte Wort

Bürger äußern noch große Vorbehalte Einvernehmen für Bauantrag lässt Stadt kaum Spielraum – Landratsamt hat das letzte Wort

Von MARIA HOFSTETTER; Weilheim – Die Forderungen der Bürger nach mehr Transparenz und Aufklärung über die geplante geothermische Energiezentrale in Lichtenau-Süd reißen nicht ab. Das sehen auch einige Stadträte so. Das Gremium hat daher die Entscheidung, ob es dem Bauan­trag der „Erdwärme Ober­land GmbH“ zustimmt, auf 13. Juli vertagt.

Vor dem Rathaus flüchten die Passanten vor dem Nieselregen ins Trockene. Im Sitzungssaal werden Fragen erörtert, Anträge vorgetragen, rechtliche und technische Details zum Geothermieprojekt erklärt. Gut 60 Zuhörer verfolgen am Donnerstag aufmerksam die Stadtratssitzung. Einigen Rednern applaudieren sie. Bürgermeister Markus Loth weist die Vorwürfe, die Stadt würde ihrer Aufklärungspflicht nicht nachkommen, zurück: „Jeder Bürger hat die Möglichkeit, sich im Rathaus zu informieren.“ Täglich gehen in der Verwaltung und bei den Stadträten neue Fragen ein. „Die Mailserver laufen über“, heißt es. Loth appelliert an die Bürger, ihre Fragen schriftlich einzureichen. Diese wie auch die von der Stadt und den Fachbehörden erteilten Antworten sind auf der Homepage www.weilheim.de nachzulesen.

Im Gegensatz zu den zahlreichen Anfragen bei der Stadt sind die Sprechstunden von „Erdwärme Oberland“ laut Geschäftsführer Dr. Markus Wiendieck nur „sehr schlecht besucht“.

Der „Verein zum Erhalt des Oberlandes“ (BifO), Gegner der Tiefen Geothermie, bringt in seinem Antrag erstmals „ein ähnliches Geothermiekraftwerk“ ins Gespräch, das eine Investorengruppe fünf Kilometer westlich der Lichtenau im Claim Wessobrunn planen soll. Weder die Stadt noch die anwesenden Vertreter von „Erdwärme Oberland“ wissen darüber Bescheid. Im Plenum taucht die Frage auf, ob sich benachbarte Geothermiekraftwerke gegenseitig beeinflussen können. Wiendick hält mehrere Kraftwerke im Umkreis von zehn Kilometern durchaus für möglich. Im Flächennutzungsplan der Stadt ist der favorisierte Standort für die Geothermieanlage in Lichtenau-Süd als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen, ein Bebauungsplan ist nicht vorhanden. Der Antrag auf Baugenehmigung umfasst das Erstellen eines geothermischen Kraftwerkes und des dazugehörigen Betriebsgebäudes.

Laut Karin Groß, Leiterin der städtischen Bauverwaltung, kann das „im absoluten Außenbereich“ liegende Projekt nur realisiert werden, weil es als „privilegiertes Vorhaben“ eingestuft ist. Das Landratsamt hat im Einvernehmen mit der Stadt über den Bauantrag zu entscheiden. Bis spätestens 18. Juli muss der Stadtrat darüber abstimmen; Bürgermeister Mar- kus Loth legte als Termin den Mittwoch, 13. Juli, fest. Verweigert die Stadt ihr Einvernehmen und stellt sich dies als rechtswidrig heraus, muss das Landratsamt die Zustimmung dennoch erteilen. „Die Zweimonatsfrist ist bindend“, sagte Groß. „Alles, was sich beim Aufsuchen von Geothermie unter der Erde abspielt“, so Groß, falle in den Kompetenzbereich des Bergamtes Südbayern, einer Behörde des Bayerischen Wirtschaftsministeriums.

In der Diskussion stellten sich die einzelnen Fraktionen grundsätzlich hinter das geplante Geothermieprojekt in Lichtenau-Süd, das jedoch kritisch begleitet werden soll. Einige Stadträte fühlen sich bislang nur ungenügend aufgeklärt. In einer Stellungnahme an das Landratsamt will die Stadt festhalten, wo dieses beim Baugenehmigungsverfahren genau hinschauen soll. Denn die Skepsis von Bürgern, die Lärm, Gefahrstoffe und Schäden an ihren Häusern fürchten, ist groß.

Gegen den Antrag von CSU, Grünen (und der BiFO), die Entscheidung über das Einvernehmen zu verschieben, votierten Dr. Ulf Knabe, Luise Nowak, Parteilos und Walter Hüglin, FDP.

 

So argumentieren die Stadträte und der Bürgermeister

Bürgermeister Markus Loth, BfW: „Das Landratsamt hat versprochen, genau auf die Lärmeinhaltung zu achten. Die Stadt wird das schriftlich einfordern.“

Stefan Zirngibl, Energiereferent, CSU: „Wesentliche Vorbehalte sprechen für ein Vertagen der Entscheidung. Wir müssen die Fragen sauber aufarbeiten. Wenn nicht noch fundierte Gründe, die dagegen sprechen, auftauchen, wird die CSU im Juli das gemeindliche Einvernehmen erteilen.“

Dr. Norbert Vidal, BfW: „Wir haben kein Recht, die Bohrung zu verhindern. Das Kraftwerksgebäude ist ein Bauvorhaben auf städtischer Flur, da ist unser Einvernehmen einzuholen. Die BfW ist mehrheitlich für die Durchführung der Exploration. Baurechtliche Auflagen sind strikt einzuhalten, wobei auch diese Überprüfung nicht Aufgabe der Stadt ist.“

Alfred Honisch, Grüne, plädiert für eine Denkpause: „Wir haben das größte Geothermieprojekt in Deutschland vor uns und tun so, als ob wir nichts beeinflussen könnten… Noch gibt es eine Dissensstimmung. Wir müssen den Bürger auf unsere Seite ziehen.“

Klaus Gast, CSU: „Wir sollten die Fragen nicht übers Knie brechen. Ich empfehle für die Anwohner noch eine Bürgerversammlung im kleinen Kreis.“

Michael Lorbacher: „Die SPD möchte das HDR-Verfahren (petrothermale Energiegewinnung, Anm.d. Red.) ausdrücklich ausschließen.“

Dr. Ulf Knabe, BfW: „Die Sorgen der Bürger müssen ernst genommen werden. Ich habe aber kein gutes Gefühl, wenn wir den Geschäftsantrag noch vier bis fünf Wochen vor uns herschieben.“

Uta Orawetz, CSU: „Die Erkenntnisse aus den beantworteten Fragen müssen in die Stellungnahmen eingearbeitet werden. Wir brauchen noch Zeit. Die Unterlagen sind zu dürftig.“

Karl-Heinz Grehl, Grüne: „Herr Wiendieck braucht uns und wir ihn. Wenn wir unsere Zustimmung verweigern, wird er kein gutes Kirschen essen in Weilheim haben.“

Michael Lorbacher zu Alfred Honisch, der mit Grehl u. a. einen Geothermiebeauftragten, einen Runden Tisch und das „weitestgehende Offenlegen“ aller zum Genehmigungs- und Betriebsverfahren gehörenden Dokumente fordert: „Die Plakativität dieses Antrages stört mich.“

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