Offener Brief vom 27.10.2011, zum Thema Stromerzeugung aus tiefer Geothermie an den Landrat des Landkreises Weilheim/Schongau, Dr. Zeller

Sehr geehrter Herr Landrat  Dr. Zeller,

leider blieb die am 14. Juli 2011 an Sie gestellte Frage unbeantwortet, warum vornehmlich  Sie die Stromerzeugung  aus der Tiefengeothermie wünschen und forcieren.  Noch einmal: Es geht um Stromerzeugung und nicht um reine Fernwärme. Selbst einige Unterbehörden des Landratsamtes sehen dieses Projekt mitten im Landschaftsschutzgebiet am Auweiher nahe Bernried teilweise kritisch. Außerdem behaupten Sie ein solches Projekt sei privilegiert nach BBauG §35,was nicht stimmt. Warum also wollen Sie unbedingt solche Kraftwerke als privilegiert durchsetzen? Wollen Sie damit einfach  die betroffenen Bürger der umliegenden Gemeinden nicht mitreden lassen?  Wollen Sie eine große  UVP ( Umweltverträglichkeitsprüfung) unbedingt vermeiden, die bei einem nicht privilegiertem Verfahren zwingend vorgeschrieben ist?  Das hieße für  mich, erstens, dass Ihnen die Natur egal wäre, obwohl  Sie in der Zeitung immer wieder hervortreten als Naturschützer z.B. die Renaturierung der Moore, Juli 2010, die Rettung alter Bäume im Bernrieder Park, März 2011. Und zweitens, dass Sie uns Bürger außen vor lassen. Ist das demokratisch? Wir Bürger wollen mitgestalten, aber man lässt uns nicht, tut uns nur als lästige Querulanten ab. Haben Sie sich schon mal kundig gemacht wie  viele stromerzeugende Geothermiekraftwerke in Deutschland laufen und wie viel Strom diese ins Netz einspeisen? Ich lege Ihnen eine fundierte Übersicht bei. Den Kommunen wird von den Betreibern und Planern solcher Großkraftwerke billige Fernwärme versprochen, weil sie nach dem bisher geltenden EEG gezwungen waren bei der Stromerzeugung auch Fernwärme auszukoppeln.  Dies gilt durch die Erneuerung des EEGs ab 1.Januar 2012 nicht mehr. Deshalb ist es den Betreibern egal, ob Fernwärme ausgekoppelt wird oder nicht. Allein der Strom wird vergütet mit 25 Cent/kwh  und das bezahlen wir alle über einen teuren Strom.

Was  sagen Sie zu der Aussage von Herrn Stahl, BE Geothermal am 2.Oktober 2011, sein 10 MW Geothermie Kraftwerk Bernried würde 20 – 30 Windräder ersetzen?  Enercon hat ein Windrad entwickelt das 7,5 MW Leistung bringt. (Vielleicht meinte er, sein Projekt verschlinge so viel Geld wie 30 Windräder zusammen.) Kennen Sie ein einziges Strom erzeugendes Kraftwerk aus tiefer Geothermie, das mehr als 2 MW  Strom konstant erzeugt? Unterhaching produziert 1,2 MW el. und verbraucht 1,0 MW el. selbst. (Aussage Herr Knapek, Aufsichtsrat Geothermie Unterhaching am 13.10.2011). Sie werden jetzt sagen, dass die Bohrkosten uns nichts angehen, weil die von einem australischen Rentenfond, der Macquarie Bank, bzw. Geo Global  Energy USA für Weilheim, übernommen werden. Und genau dahin geht auch der hauptsächliche Gewinn, der Rest geht an den Betreiber. Schaffung von Arbeitsplätzen, regionale Wertschöpfung oder Gewerbesteuer: Fehlanzeige! Was bleibt, ist Raubbau an der Natur. Wollen Sie so  etwas wirklich?

Ein weiterer heikler Punkt sind  die durch die Tiefengeothermie möglichen verursachten Schäden an Grundstücken und Immobilien, die durch die Umwälzung  großer Thermalwassermengen wie z.B.  in Bernried geplant, durchaus auftreten können. Vom Bergamt und von manchen Geologen wird steif und fest behauptet, Schäden können gar nicht entstehen. Herr Dr. Wiendieck, Erdwärme Oberland, Zitat: „… ist nicht vorstellbar“ , Fukushima lässt grüßen! Warum also sind solche eventuell entstehenden Schäden bei keiner Versicherung versicherbar? Die Versicherer kennen die Antwort. Seit eineinhalb Jahren bitte ich Herrn Bürgermeister Steigenberger von Bernried, seine Behauptung, dass seine gemeindliche Haftpflichtversicherung solch o.g. Schäden abdeckt und bezahlt, mir nachzuweisen.  Ich bekomme nichts, ebenso  wenig wie vom Betreiber Herrn Stahl, der behauptet, er hätte eine Versicherung von 20 Millionen Euro, die solche Schäden problemlos übernähme. Wie steht es hier mit der viel propagierten Transparenz und Bürgerfreundlichkeit? Fakt ist, wenn Sie sich das BBergG § 144 anschauen, dass bei Bergschäden, und um solche handelt es sich hier, im Rahmen eines Zivilprozesses geklagt werden muss. D.h., ich als Geschädigter muss nachweisen, dass der Schaden durch die Tiefengeothermie entstanden ist. Das kann durch mehrere Instanzen gehen  und sich Jahre hinziehen. Und die Punkte BBerG § 120 (1) Pt. 1 und2a kann der Betreiber locker abstreiten. Auch Kommunen, die z.B. einen großen Solarpark oder Windrad ihr Eigen nennen oder vielleicht gar als Bürgerprojekt betreiben, können nicht auf Entschädigung hoffen, sie müssen klagen.  Und für das alles wollen Sie verantwortlich sein indem Sie dieses Bernrieder Geothermieprojekt zur Stromerzeugung ebenso wie das in Weilheim bzw. Wielenbach enorm forcieren ohne die offenen Fragen  geklärt zu haben?

Sehr geehrter Herr Dr. Zeller, da Sie bisher eine Antwort schuldig geblieben sind, bleibt mir nichts anderes übrig, als einen offenen Brief an Sie zu schreiben und auf eine Antwort zu hoffen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulricke Witti

die bereits einige Briefe und positive Vorschläge zur Energiewende an Sie gerichtet hat und weiterhin aktiv mitgestalten möchte.