Politische Einflussnahme auf den Sachverständigenrat?

ZDF – Frontal21-exklusiv

Politische Einflussnahme auf den Sachverständigenrat?

Sachverständigenrat wehrt sich
von Steffen Judzikowski und Christian Rohde

Die schwarzgelbe Koalition will den bisher unabhängigen Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) offenbar unter ihren politischen Einfluss bringen. Das geht aus einem internen Papier der Koalitionsfraktionen hervor, das dem Frontal21 vorliegt.

Die Initiatoren fordern darin den Posten eines “Direktors” beim SRU, eine Position, die es bisher noch nicht gab. “Hierdurch soll der SRU dauerhaft in den (personal-) politischen Einfluss- und Steuerungsbereich der Koalitionsfraktionen gebracht werden”, heißt es in dem internen Papierweiter. Danach sei das Vorhaben zwischen dem umweltpolitischen Sprecher der FDP, Michael Kauch, und Bundesumweltminister Norbert Röttgen, CDU, im Konsens besprochen worden.

SRU fordert Wahrung der Unabhängigkeit
Der SRU sieht dagegen für eine neue Direktorenstelle keinen Bedarf. In einem persönlichen Brief appelliert der Vorsitzende des SRU, Professor Martin Faulstich, an Umweltminister Röttgen, die Unabhängigkeit der Regierungsberater zu sichern. In dem Schreiben, das Frontal21 ebenfalls vorliegt, heißt es: “Nur wegen seiner parteipolitischen Unabhängigkeit konnte der SRU unabhängig von der jeweiligen Regierungskonstellation ‘unbequeme Wahrheiten’ aussprechen.”

Der SRU berät seit Jahren die Bundesregierung vor allem bei der Umwelt- und Energiepolitik. Seine Ratsmitglieder werden vom Kabinett berufen. Der Einrichtungserlass verbrieft die Unabhängigkeit des Rates. So forderten die Sachverständigen lange vor der Katastrophe von Fukushima einen schnelleren Atomausstieg und kritisierten die schwarz gelben Regierungspläne zur Laufzeitverlängerung. Schon im Jahr 2000 rügte der Rat auch die sogenannte Öko-Steuerreform von Rot Grün.

Kritik an der Arbeit des SRU
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Kauch rechtfertigte gegenüber Frontal21 den neuen Direktorenposten beim SRU. Es sei sinnvoll, die Geschäftsstelle “akademisch aufzuwerten”, weil es “immer wieder Kritik an methodischen Schwächen der Arbeit des Sachverständigenrates gegeben” habe. Bundesumweltminister Norbert Röttgen teilte Frontal21 dagegen mit: “Es hat keinerlei Absprache oder Zustimmung des Ministers zu einer politischen Einflussnahme auf die Zusammensetzung des SRU gegeben.” Röttgen weiter: “Für mich ist die politische Unabhängigkeit des SRU wesentlich und eine Grundvoraussetzung für seine Arbeit.”

Tatsächlich hat der Haushaltsausschuss des Bundestages am 11. November 2011 in einer sogenannten Bereinigungssitzung eine neue Planstelle für einen Direktor beim Sachverständigenrat geschaffen, ohne die Geschäftsstelle des SRU zu informieren. Die Grundbesoldung liegt bei über 6000 Euro im Monat.

http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/30/0,1872,8415806,00.html