Tiefengeothermie Bernried/Seeshaupt

Tiefengeothermie Bernried/Seeshaupt

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Offener Brief an den Bürgermeister Herrn Bernwieser und die Damen und Herren des Gemeinderats der Gemeinde Seeshaupt.

In diesem Brief werden folgende Kernthemen genauer erläutert:

– Schutz unseres Trinkwassers

– Schutz von Ringkanal und Kläranlage

– Schutz vor Lärm, Verkehrslärm und Strassenschäden

– Schutz unserer Landschaft

– Erschütterung und Auslösung von Erdbeben

– mögliche Kosten für den Rückbau

– Sicherung des Eigentums

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Seeshaupt, 8. November 2010

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte!

Die Unterzeichner bitten Sie höflich, in Zusammenhang mit dem von der Gemeinde Bernried unterstützten Tiefengeothermie Projekt der Firma BE Geothermal, die Interessen der Bürger aus Jenhausen, Magnetsried und Seeshaupt nach ausreichendem und gutem sauberem Trinkwasser, Ruhe und Kostenvermeidung zu vertreten. Der von der BE Geothermal abgesteckte Claim bezieht Seeshaupt und das Ostufer mit ein, s. Anlage.
Auch wenn der Gedanke an Strom und Wärme aus der Tiefengeothermie als scheinbares perpetuum mobile verlockend ist, die Kosten für diese Energie sind gewaltig und hier bei uns ist ein Nutzen zum heutigen Zeitpunkt geringer als bei bekannten alternativen Energietechniken wie unter Verwendung von Biomasse, Wasserkraft, Gezeiten, Wind, Sonne und oberflächennahe Erdwärmegewinnung, die schon lange wirtschaftlich und erfolgreich betrieben wird.
Aus diesem Grund werden Geothermieprojekte künftig zeitlich nur noch begrenzt gefördert, in Deutschland allerdings mit den höchsten Subventionen, die auf den Verbraucherpreis zurückschlagen.

Schutz unseres Trinkwassers

In diesem Zusammenhang dürfen wir Sie zur Sicherung der Seeshaupter Quellen bitten,
– noch engere Kontrollmessungen an den bestehenden Brunnen und den Grundwassermessstellen, insbesondere nach Bohrbeginn in Bernried, durchzuführen. Dies gilt sowohl für die Trink- und Brauchwassersuche für das BE Geothermal-Projekt (gefordert sind 60 L/sec) als auch natürlich für die vier Bohrungen des Geothermiekraftwerks à 5000 Meter
– ferner feststellen zu lassen, ob eine Grundwasserleiterumkehr aus dem Eberfinger Drumlinfeld durch starkes Abpumpen des Grundwassers für das Geothermie-Projekt bei Bernried eintreten kann. Bernried liegt zudem nahe einer geologischen Bruchkante und hat (so Aussage des Bgm Bernried) sowieso eine schlechte Ausgangslage in Bezug auf Entnahme großer Grundwassermengen. Ein Vergleich mit dem Unterhachinger und Pullacher Werk der BE Geothermal ist hier nicht angebracht: Unterhaching bezieht das Wasser aus dem Münchener Leitungsnetz.

Wir sehen die Seeshaupter Quellen durch das Geothermie Projekt in Bernried u.a. folgenden Gefahren ausgesetzt:

1. Durch die Bohrungen und anschließende Reinjektion, auch bei der laufenden Anlage, kann es durch die dadurch ausgelösten Erschütterungen zur Rutschgefahr auf der „Seeshaupter Schotterterasse“ kommen, die eine Verschüttung der Quellen zur Folge hätte.

2. Die BE Geothermal plant 60 L/sec Grundwasser abzusaugen. Durch dieses starke Abpumpen (Normalbetrieb in Seeshaupt um die 20 L/sec, Bernried derzeit 6-8 L/sec) besteht die Gefahr, dass das in die Brunnen von Seeshaupt aus den Eberfinger Drumlinfeldern fließende Grundwasser seine Fließrichtung ändert und damit die Brunnen für Seeshaupt trocken fallen.

3. Die für die Bohrung notwendige Wassermenge von 60 L/sec kann von den bisher bestehenden Brunnen von Bernried, Bauerbach, Tutzing (Kerschlacher Brunnen und Wielinger Brunnen) und anderen in der Gegend liegenden Brunnen nicht geliefert werden, da sie zu wenig Wasser führen. Deshalb will die BE Geothermal zusammen mit Bernried eine Trinkwasserbohrung niederbringen, die ihnen diese 60 L/sec liefert. Bei dieser starken Entnahme besteht die Gefahr, dass die Grundwasserleiter der Grundwasserstockwerke der o. g. Brunnengebiete in Richtung des starken Entnahmepunktes fließen und die Brunnen der Gemeinden trocken fallen. Die erforderlichen Wassermengen im laufenden Betrieb, die je nach Betriebsverfahren bei dem Geothermiekraftwerk unterschiedlich hoch sind, wurden bisher nicht angegeben. Die BE Geothermal hat sich bisher eigenartiger Weise noch nicht auf ein Betriebsverfahren festgelegt (Kalina, ORC, HDR u. a.)

4. Beim Bohren selbst können Trinkwasser führende Schichten verunreinigt werden, z. B. durch Spül-und Arbeitsmittel. BE Geothermal hat dazu keine Details angegeben. nach oben ->

Schutz von Ringkanal und Kläranlage

Des weiteren dürfen wir Sie höflich bitten zu prüfen, ob der Ringkanal und die Starnberger Kläranlage die von der BE Geothermal geplante einzuleitende Abwassermenge in Höhe von 40 L/sec (das sind 2400 L/h und 57.600 L/Tag) zusätzlich zum üblichen Anfall an Abwässern aufnehmen kann.
Ferner dürfen wir Sie höflich auffordern zu prüfen, ob der Ringkanal und die Kläranlage in der Lage sind, die mit dem Tiefenwasser heraufkommenden Substanzen zu reinigen. Es ist bekannt, dass Tiefenwasser neben Arsen (siehe Vorkommen in Erding) auch Kadmium, Quecksilber, Thorium, Uran, Kalium40 enthalten kann. Diese Substanzen unterliegen der Sonderabfallbehandlung. Der gesetzlich vorgeschriebene Kohlenwasserstoffdetektor ist für diese Stoffe nicht geeignet.
Sollten aber diese Stoffe in die Kanalisation gelangen, werden sowohl der Ringkanal in seiner baulichen Beschaffenheit als auch die zur Reinigung eingesetzten Mikroorganismen und damit die Kläranlage selbst gefährdet.
Hinzukommt, dass bei ähnlichem Hochwasserstand wie 2010 nicht nur Kolibakterien und Oberflächenverschmutzung in den See und die dem See zulaufenden natürlichen Gewässer gelangen, sondern auch die Kanalisation „geöffnet“ werden muss, wodurch die gesamte Gewässerlandschaft bedingt durch die o. g. Gifte verunreinigt wird. nach oben ->

Schutz vor Verkehrslärm und Straßenschäden

In diesem Zusammenhang dürfen wir auf das Schreiben der Jenhausener Bürger verweisen und darauf aufmerksam machen, dass die Laster genauso durch Seeshaupt fahren werden und zu einer weiteren Belastung an der St. Heinricher-, Haupt-und Weilheimer Straße führen werden.
Wir bitten Sie, diese Belastung von allen Bürgern und den Schulkindern fern zuhalten. Die Kosten der Reparatur an allen Strassen tragen die Steuerzahler und somit die Seeshaupter Bürger. nach oben ->

Schutz unserer Landschaft

Das für die Durchführung der Erdwärmebohrungen erforderliche Grundstück liegt im Landschaftsschutzgebiet. Grundsätzlich sind Bauvorhaben im Landschaftschutzgebiet verboten und nur unter strengen Auflagen und bei Privilegierung – nach unabhängiger und gründlicher Prüfung erlaubt.
Wir dürfen Sie bitten herauszufinden, auf welcher Grundlage im Fall der BE Geothermal eine Privilegierung vorliegt und dabei darauf zu achten, dass dem derzeit vorliegenden Antrag der Firma unabhängige Gutachten unterlegt sein müssen.
Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass vor Baubeginn im Landschaftsschutzgebiet ein ebenfalls unabhängiges Gutachten zum Schutz der Flora Fauna Habitat erstellt werden muss.
Dieses Gutachten darf dabei nicht von der BE Geothermal bzw. von mit der Geothermal verbundenen Personen oder Firmen in Auftrag gegeben werden.
Ferner weisen wir darauf hin, dass die „Wolken“ von Kraftwerkwasserdampf auch Klimakiller sind. Als Klimakiller gelten nämlich neben CO2, Lachgas und Methan auch der weitgehend vergessene Wasserdampf. nach oben ->

Erschütterungen und ausgelöste Erdbeben (induzierte Seismizität)

Es ist zu prüfen, ob nicht nur „seismic events“ verniedlicht werden – wie die jüngste Reklame der BE Geothermal (eine Postwurfsendung, die nicht alle Haushalte erreichte!) nach oben ->

Lärmschutz

Wir dürfen Sie ferner höflich auf wahrscheinliche Lärmbelästigungen hinweisen.
Aus Waldkraiburg (mit ähnlicher Geothermiebohrung) ist bekannt, dass die Bewohner in nahen und ferner liegenden Häusern Tag und Nacht durch Lärmentwicklung belästigt werden. Und zwar entsteht dort der Hauptlärm durch die mit der Bohrung verbundenen Spülungskreislaufpumpen und die Rüttelsiebe, die das Bohrklein aus der Spülung entfernen. Von diesen beiden Lärmquellen war bisher in keiner Vorstellung der Firma BE Geothermal überhaupt die Rede.
Das bei der öffentlichen Gemeinderatssitzung in Bernried am 09.09.2010 vorgetragene Akustikgutachten (Schallausbreitungsgutachten) betraf nur die Lärmentwicklung beim laufenden Betrieb des (errichteten) Geothermiekraftwerks, und berücksichtigte dabei nur den Förderteil und den Kühlteil mit nur 48 Lüftern. Die zusätzliche Lärmentwicklung bei Reinjezierung und bei Niederbringung der vier Bohrungen (gesamte Bauphase mindestens 2 Jahre) blieb unberücksichtigt.
Es wurde auch nur die oberirdische Lärmentwicklung, und diese nur bei dem Förderteil während des Betriebes, analysiert. Der wichtige Einfluss der weitgehend unterirdisch angebrachten starken Pumpen zur Förderung und insbesondere zur Reinjektion blieb unberücksichtigt, wobei gerade diese zur Lärmbelästigung insbesondere im tiefen Frequenzbereich (tiefe Töne) über weite Strecken – zum Beispiel zu den Nachbarorten beitragen können. nach oben ->

Kosten für Rückbau

Bei Tiefenbohr-Projekten kommt es häufig zu unvorhersehbaren Komplikationen. Die Firmen finden zum Teil nicht das erhoffte heiße Wasser in ausreichender Menge oder es gibt unüberbrückbare technische Probleme. Was passiert mit dem überbauten Gelände bei frühzeitiger Aufgabe, Insolvenz der Firma oder nach Ablauf der Zeit und wer trägt die Kosten? Wir bitten Sie sich heute um die Folgekosten für Rückbau, Sicherung und Verfüllung (keine Verklappung von Chemikalien wie z. B. Dünnsäure in die offen gelassenen Bohrungen wie in Moosburg) Gedanken zu machen und auch diese Probleme nicht der Allgemeinheit – also auch uns, d. h. Seeshaupt eingeschlossen –, sondern den verursachenden Unternehmen vertraglich abgesichert zu überlassen. nach oben ->

Sicherung des Eigentums (Art. 14 Grundgesetz)

Seeshaupt ist gerade so weit von Bernried entfernt, wie die Bohrung und Reinjektion hinuntergehen: knapp 5 -6 km.
Wir möchten Sie daher bitten, die Gemeinde Bernried an ihre Eigentumssicherungspflichten zu erinnern, die sich auch auf die umliegenden Gemeinden erstrecken. Wer leistet Schadenersatz, wenn Grundeigentümern Schäden an deren Häusern entstehen? Sollte nämlich entgegen der derzeitigen Vermutungen nicht genügend heißes Wasser in ca. 5000 Metern Tiefe gefunden werden, könnte die Firma auf ein anderes Verfahren, das sog. HDR-Verfahren ausweichen. Dieses HDR-Verfahren bedeutet die regelmäßige Aufsprengung des Gesteins im Untergrund mit der Folge von andauernden Beben, wie z.B. in Basel und Soultz-les-Forets (Elsass, bereits über 1000 „Mikro“-Beben).
Die Initiatoren haben sich durch juristische Mäntel geschützt und tragen ein minimiertes Risiko gemessen am möglichen Gewinn, der wenn überhaupt, ausschließlich aus Subventionen generiert wird, somit von den Steuerzahlern getragen wird.
Die wesentlichen Risiken gehen hingegen, wenn sie eintreten, ausschließlich zu Lasten der Allgemeinheit und somit wieder zu Lasten der Steuerzahler bzw. der Bürger der betroffenen Gemeinden. nach oben ->

Mit freundlichem Gruß
Die Seeshaupter Stimmen

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