Geothermie birgt große Risiken

Geothermie birgt große Risiken

BZ-INTERVIEW: Werner Müller, Vorsitzender der BI Geothermie Landau und des Bundesverbandes gegen Tiefe Geothermie.

LANDAU/NEURIED. Geothermie berge große Risiken und verursache hohe Kosten. Zudem sei sie energiepolitisch vernachlässigbar. Dies ist die Meinung von Werner Müller (60), dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative Geothermie Landau und des Bundesverbandes gegen Tiefe Geothermie, mit dem sich BZ-Mitarbeiter Hagen Späth unterhalten hat. Müller ist durch Schäden am eigenen Haus zur BI gekommen. Er stand der Geothermie vorher eher positiv gegenüber.

BZ: Was ist das zentrale Anliegen der BI Landau und des Bundesverbandes gegen Tiefe Geothermie, in dem sich deutschlandweit acht BI vereinigt haben?

Müller: Vorläufer der BI Landau war die Interessengemeinschaft der Erdbebengeschädigten, die sich nach den Beben 2009 gründete. Vorrangiges Ziel der BI ist die Schadensregulierung und Abwendung von Gefahren und Risiken aus dem Betrieb des Geothermie-Kraftwerks. Ziel des Bundesverbandes ist es, Informationen und Erfahrungen über Gefahren und Umweltrisiken beim Betrieb von Geothermie-Krafwerken zu vermitteln und die Initiativen vor Ort zu unterstützen.

BZ: Bleiben wir mal in Landau. Die BI stimmt ja nicht mit Urteil der Expertenkommission überein. Was sagen Sie: Wie viele Häuser wurden beschädigt? Wie sehen die Schäden aus, wie hoch sind sie? Haben Sie eigene Gutachten eingeholt?

Müller: Wesentliche Aussagen im Abschlussbericht der Expertenkommission, die in unseren Augen nicht unabhängig und neutral war, sind zwischenzeitlich durch wissenschaftliche Gutachten über Schäden an zwei Referenzgebäuden, die wir in Auftrag gaben, widerlegt. Die Schadenshöhe schätzen Bauexperten jeweils auf über 100 000 Euro. Weitere Schadensmeldungen liegen vor. Einen genauen Überblick werden wir erst in den kommenden Wochen erhalten.

BZ: Wo liegen neben den Erdbebenrisiken weitere Gefahren und Mängel der Tiefengeothermie?

Müller: Der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung liegt bei nur acht bis zwölf Prozent (zum Vergleich: Bei Kohle- oder Atomkraftwerken liegt er bei 30 bis 35 Prozent, Anm. d. Red.). 90 Prozent der gewonnenen Wärmeenergie wird in die Biosphäre abgegeben. Das ist nicht klimafreundlich und sehr unwirtschaftlich. Der Eigenenergiebedarf für Pumpen und Rückkühlung beträgt 30 bis 70 Prozent. Für den Eigenbedarf darf billiger Industriestrom eingekauft werden mit Preisen um die sieben Cent je Kilowattstunde. Dafür wird der aus Erdwärme gewonnener Strom mit bis zu 27 Cent vergütet. So wird aus Strom aus Kohle und Atom subventionierter Ökostrom. Mein Fazit lautet deshalb: Die Tiefengeothermie ist bei uns wegen der hohen Kosten und großen Risiken nicht zu verantworten. Zudem ist sie energiepolitisch vernachlässigbar.

BZ: In Landau wurde eine Mediationsrunde einberufen. Sind Sie zufrieden?

Müller: Nein. Die Mediation ist zur Plattform der Geothermie-Lobby geworden. Vor Beginn haben wir beispielsweise die Forderung gestellt, einer neutralen und von beiden Seiten anerkannten Persönlichkeit die Leitung zu übergeben. Wir haben um ein Moratorium für alle in der Südpfalz in Planung und Ausführung befindlichen Geothermieprojekte gebeten. Und wir haben öffentliche Sitzungen mit der Einschaltung unabhängiger Gutachter gefordert. Keine der Bedingungen wurde erfüllt. Deshalb nehmen die Initiativen nicht an der Mediation teil. Wir hoffen, dass die neue Landesregierung eine korrekt organisierte Mediation ins Leben ruft.

BZ: Welchen Rat geben Sie den Neurieder Bürgern, bevor dort gebohrt wird?

Müller: Alle Betroffenen sollten sich umfassend mit der Problematik der Tiefengeothermie befassen, zum Beispiel über unsere Homepage. Gerne stehen wir auch bei Veranstaltungen vor Ort zur Verfügung. Den Bürgern im Radius von drei Kilometern empfehlen wir eine Bestandsaufnahme der Gebäude, um im Schadensfall den Beweis antreten zu können. Wir empfehlen, den Auftrag nur an vereidigte und öffentlich bestellte Sachverständige zu vergeben.